WEG Gesetzesreform ist beschlossen!

18.09.2020

Am 17.09.2020 hat der Bundestag die WEG-Reform beschlossen. Im Folgenden erhalten Sie einen ersten Überblick über die neuen Rechte und Pflichten.

1. Verwaltungsprozesse werden effektiver und rechtssicherer

Künftig können die Aufgaben und Befugnisse eines Verwalters flexibler bestimmt werden. Eigentümer und Verwalter können gemeinsam diejenigen Maßnahmen festlegen, deren Erledigung in die Verantwortung des Verwalters gelegt werden soll.

Doch nicht für jedes Verwalterhandeln wird eine Beschlussfassung der Eigentümer erforderlich sein. So gehört es künftig unabhängig von einer Beschlussfassung der Eigentümer zur originären Handlungskompetenz des Verwalters, regelmäßig anfallende Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten in gewissem Umfang durchzuführen.

2. Zertifizierung des Verwalters

Mit der Neuregelung erhält jeder Eigentümer das Recht einen Zertifikatsnachweis vom Verwalter einzufordern. Dieses Recht kann er frühestens 2 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes geltend machen. Für Verwalter, die bereits bei Inkrafttreten des Gesetzes als Verwalter tätig waren, gilt der Verwalter gegenüber dieser Gemeinschaft - für eine Übergangszeit von 3,5 Jahren -als zertifizierter Verwalter.

Die Pflicht zur Zertifizierung gilt nicht für Immobilienkaufleute, Absolventen eines immobilienwirtschaftlichen Studiums und andere einschlägige Berufsbilder. Diese gelten auch ohne Prüfung als zertifiziert. Die Einzelheiten zu Ausnahmetatbeständen, Inhalt und Umfang der von den IHKn abzunehmenden Prüfung werden in einer Rechtsverordnung gesondert festgelegt.

3. Beendigung der Verwaltungstätigkeitf

Künftig soll der Verwalter jederzeit abberufen werden können; dabei kommt es nicht mehr - wie bislang - auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes an. Der Verwaltervertrag bleibt jedoch für den Zeitraum von längstens sechs Monaten nach der Abberufung bestehen. Faktisch dürfte eine vorzeitige Abberufung nach wie vor nur bei wichtigem Grund erfolgen, da der Aufwand und das Risiko für Eigentümergemeinschaften sehr hoch sind.

4. Beschlussfassung über bauliche Veränderungen

Für den Verwalter wird es künftig einfacher, Beschlussfassungen über bauliche Veränderungen, insbesondere für die sogenannten privilegierten Maßnahmen der Barrierefreiheit, Elektromobilität, des Einbruchsschutzes und der Nutzung moderner Telekommunikationsnetze herbeizuführen. Für alle baulichen Maßnahmen gilt in der Regel die einfache Mehrheit. Der Verwalter wird mithin von der bislang schwierigen Entscheidung darüber entbunden, ob und in welchem Umfang andere Eigentümer beeinträchtigt und am Abstimmungsverfahren zu beteiligen sind. Die in der Verwalterpraxis schwer zu fassenden Begrifflichkeiten der modernisierenden Instandsetzung und Modernisierung werden erfreulicherweise aufgegeben.

5. Kostentragung und Nutzungen bei baulichen Veränderungen

Künftig lassen sich die mit baulichen Maßnahmen verbundenen Kosten leichter abgrenzen, da die Umlagemaßstäbe vereinfacht und klarer gefasst werden. Grundsätzlich tragen diejenigen Eigentümer die Kosten für bauliche Maßnahmen, die auf deren Initiative hin gestattet oder als so genannte privilegierte Maßnahme durchgeführt werden.

Anderes gilt, wenn die Eigentümer bauliche Maßnahmen sogar mit doppelt qualifizierter Mehrheit beschlossen haben oder sich die Kosten innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens amortisieren. Dann tragen alle Eigentümer die Kosten.

Für alle anderen baulichen Maßnahmen gilt weiterhin: Die Kosten tragen die Eigentümer, die die Maßnahme beschlossen haben. Es kommt künftig nicht mehr darauf an, ob es sich bei der abweichenden Kostenverteilung um eine Maßnahme im Einzelfall handelt. Folglich können künftig auch generelle bauliche Maßnahmen an bestimmten Gebäudeteilen vorgenommen und die Kosten entsprechend verteilt werden.

6. Eigentümerversammlungen

Die Durchführung von Eigentümerversammlungen wird deutlich erleichtert: Die Einladung kann künftig in Textform, somit auch auf elektronischem Wege erfolgen. Künftig wird jede Versammlung unabhängig von der Anzahl der anwesenden Wohnungseigentümer beschlussfähig sein. Die Versammlung kann somit immer durchgeführt werden, zeitaufwändige Zweitversammlungen entfallen.

Künftig kann die Teilnahme an Versammlungen ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikationsmittel (Videokonferenzen) erfolgen, sofern die Eigentümer dies mit Mehrheitsbeschluss beschließen. Dies wird in der Praxis häufig dazu führen, dass das zeit- und kostenintensive Aufsuchen eines Versammlungsortes entfällt. Die Ladungsfrist ist auf drei Wochen ausgeweitet worden.

7. Erleichterungen für Umlaufbeschlüsse

Verwalter können künftig einzelne Beschlussgegenstände mit einfacher Mehrheit im Umlaufverfahren beschließen lassen. Auch wird sich der mit dem Zustandekommen des Umlaufbeschlusses verbundene Aufwand verringern, da künftig die Textform (auch Email) zugelassen wird und somit die eigenhändige Unterschrift nicht mehr erforderlich ist. Es ist zu erwarten, dass zukünftig deutlich häufiger von diesem zeit- und kostensparenden Verfahren Gebrauch gemacht wird.

8. Abrechnung, Rechnungslegung

Eigentümer können künftig beschließen, wann Forderungen fällig werden - dies erleichtert die Verwalterarbeit und beseitigt die praktischen Unsicherheiten über die Fälligkeit von Wohngeldern und sonstigen Zahlungspflichten.

Der vom Verwalter künftig kalenderjährlich aufzustellende Vermögensbericht komplettiert die Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan und vermittelt einen anschaulichen Überblick über den Umfang des Gemeinschaftsvermögens.

9. Zusammensetzung und Haftung des Verwaltungsbeirates

Es obliegt nunmehr den Eigentümern selbst zu entscheiden, ob und mit welcher Personenzahl sie einen Verwaltungsbeirat einberufen. An den Aufgaben des Beirates ändert sich nur wenig. Dass dem Beirat künftig auch eine Überwachungsaufgabe zukommen soll, lässt die Verwaltungstätigkeiten dem Grunde nach unberührt. Es stellt lediglich eine Anpassung an die bisher ausgeübte Praxis dar. Auch weiterhin darf sich der Beirat nicht die Kompetenzen des Verwalters aneignen. Er soll künftig, über den bisherigen Aufgabenbereich hinaus, lediglich dazu berufen sein, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter zu vertreten.

10. Harmonisierung WEG-Recht und Mietrecht

Für die Mietverwalter enthält das Gesetz eine wesentliche Erleichterung im Zusammenhang mit der Erstellung von Betriebskostenabrechnungen und Durchführung von baulichen Veränderungen. Der Abrechnungsmaßstab der Betriebskosten einer vermieteten Eigentumswohnung richtet sich künftig nach dem Verteilungsschlüssel, der auch zwischen den Wohnungseigentümern gilt. Die Bewirtschaftungskosten der WEG sind mit den auf den Mieter umlegbaren Betriebskosten somit deckungsgleich. Der Verwalter einer Sondereigentumseinheit kann die Jahresabrechnung folglich als Grundlage der Betriebskostenabrechnung nehmen, ein zeitaufwändiges Umrechnen verschiedener Verteilungsschlüssel entfällt.

Künftig werden Mieter einen Anspruch gegen den Vermieter auf Erlaubnis zur Durchführung bestimmter baulicher Veränderungen haben, die mit den privilegierten Maßnahmen des WEG (Maßnahmen der Barrierefreiheit, Elektromobilität, des Einbruchsschutzes und der Nutzung moderner Telekommunikationsnetze) korrespondieren. Damit werden widersprüchliche Regelungen in Mietverhältnissen und Eigentumsanlagen vermieden.

11. Werdende WEG

Die mit dem Entstehen einer Wohnungseigentümergemeinschaft verbundenen Schwierigkeiten, zum Beispiel bei der Ausübung des Stimmrechtes in Eigentümerversammlungen, werden durch die Klarstellung im Gesetzestext behoben. An die Stelle des teilenden Eigentümers tritt der künftige Erwerber mit allen Rechten und Pflichten, soweit dieser einen durch Vormerkung gesicherten Anspruch auf Übertragung des Eigentums und den Besitz an den zum Sondereigentum gehörenden Räumen erlangt hat.